KULTURPREIS OSTBAYERN 2002 der E.ON Bayern

Auszug aus der Laudatio von Dr. Walter Zitzelsberger, Regierungspräsident von Niederbayern

Sie, Frau Göpfert, erblickten das Licht dieser Welt Mitte der fünfziger Jahre im Landkreis Passau, dem Sie - trotz Ihrer auch fern der Heimat umfangreich gesammelten Erfahrungen - bis heute treu geblieben sind.

Sie begannen Ihre künstlerische Entwicklung mit Arbeiten aus Ton ab 1978. Ihre Ausbildung in Bildhauerei und Bronzeguss erhielten Sie in Salzburg bei Professor Josef Zenzmaier. Seit 1988 arbeiten Sie als freischaffende Bildhauerin bevorzugt in Bronze und Stahl.

Mehrmals hielten Sie sich – ohne ein Künstlerstipendium – längere Zeit im Ausland auf und sammelten Erfahrungen in Indien etwa, in Nordafrika, Israel und auf Kreta. Es waren Erfahrungen nicht unmittelbar nur für Ihr künstlerisches Schaffen, mehr noch für Ihre offene und tiefe Sicht der Welt und der Menschen, auch Erfahrungen eines Freiheitsgefühls, das Ihnen ein Leitmotiv für Ihr Schaffen bleiben sollte.

In Ihrer Weltläufigkeit, die Sie sich dabei erworben haben, ebenso wie in Ihrer orientierenden Anbindung an München, stehen Sie für einen Künstlertypus, der in Niederbayern zu Hause sein will, ohne dabei den Rest der Welt gering zu achten.

Neben zahlreichen, vielbeachteten Ausstellungen im niederbayerischen Raum waren Sie in Salzburg, Rosenheim, München, vertreten und errangen bereits 1992 den 1. Preis des Wettbewerbs „Symbolfigur des Landkreises Passau für Kunst, Kultur und Wissenschaft“, die seither den Kulturpreisträgern des Landkreises verlieben wird.

Ihre Werke finden sich in vielen Orten Niederbayerns, hervorzuheben sind Straubing und Vilshofen – bekannt hier etwa Ihre drei Meter hohen „Nackten vor der Sparkasse“, Ihr „Buch der Weisheit“ vor der Stadtpfarrkirche Vilshofen oder auch sein Pendant am rechten Vilsufer, das „Buch der Menschheit“.

Zahlreiche Persönlichkeiten „bearbeiteten“ Sie als anerkannte Portraitbildhauerin: Es entstanden Gedenkbüsten und Portraits, die nicht nur deren Gesicht in vertrauter Charakterisierung darstellen, sondern auch die hinter ihnen steckenden Ideen, ihre Weltsicht lebendig und abstrakte Wahrheit werden lassen.

Sie legen großen Wert auf das Beherrschen des Handwerks, das Schweißen etwa oder das Formen. Ihre Gussvorlagen für den Bronzeguss erstellen Sie unmittelbar in Wachs – ohne zusätzliche Zwischenschritte - für die Herstellung eines Gusspositivs nach Verwendung eines Silikon- oder Gips-Negativs.

Nur mit dem Wachs erreichen Sie genau die originale Durchbildung und Ausführung der Linien, Formen und Oberflächen, die Ihrem hohen ästhetischen Anspruch genügen.

Ihr zentrales Thema ist der Mensch. Im Duktus der klassischen Moderne suchen Sie bei hohem Abstraktionsvermögen doch die Auseinandersetzung mit dem realen Vorwurf zur Formulierung Ihrer Aussage. Gerade diese charakteristische Mischung aus Realität und Abstraktion sichert Ihren Ausstellungen ein breites Publikum.

Die Symbolik Ihrer Reduzierung verlangt eine bewusste Auseinandersetzung mit Ihren Arbeiten, ohne dass dem Betrachter dafür provozierende Hürden auferlegt werden. Ihre Arbeiten stehen als Aufforderung zur gedanklichen und auch zur emotionalen Auseinandersetzung, zu Kommunikation und Dialog. Sie regen an zum Innehalten, zum Nachdenken über die geistige Macht der Verständigung und Sympathie, über das Streben nach dem Guten, dem Wissen und dem rechten Erkennen.

Ihre Werke atmen ein leidenschaftlich-emotionales Verhältnis zur Bildhauerei. Mit stilistischer Vielseitigkeit nutzen Sie die archaische Wucht der Bronze, brechen Sie Körper auf und lassen explosive Energie erahnen. Energie und Dynamik gestalten Sie prägnant gerade auch in der Darstellung kreatürlichen Lebens, in Ihren Tierplastiken.

In gleicher Weise gelingt Ihnen aber auch die einfühlsame, kraftvoll-zärtliche, elegante und grazile, ja ätherische Darstellung. Mensch und Kreatur in ihrer Schönheit aber auch in ihrer Verletzlichkeit stehen dabei im Zentrum.

Das Zwischenmenschliche ist ein wichtiger Akzent, das Beziehungsgeflecht und auch die Philosophie, die in jedem Kunstwerk steckt.

Gerade dieses Zwischenmenschliche, dessen Verwerfungen in einer oft gefühlskalten und ich-bezogenen Umgebung zunehmend als ein Defizit empfunden werden, ist Ihnen Herausforderung, aber auch Leistungskriterium für Ihre künstlerische Arbeit.

Es ist eine interessante, geradezu programmatische Herausforderung, die Sie selbst gezielt suchen. Wir dürfen daher auf Ihre weitere Entwicklung und Ihre zukünftigen Werke gespannt sein.